Freitag, 20. Januar 2017

Andere Länder, andere Sitten



Während die Advents- und Weihnachtszeit in Deutschland zumeist eher ruhig und besinnlich sei es mit Kerzenschein, Weihnachtsmärkten und Weihnachtslieder-Singen vor dem Christbaum zelebriert wird, gestaltet sich das weihnachtliche Fest im größtenteils katholischen Peru deutlich anders. Aber lest am besten selbst meinen nach langer Pause wieder erscheinenden Blogbeitrag...

Ein lauter Knall. Die Leute schrecken auf. Padre José hält kurz inne und fährt danach wie gewohnt fort. Gesungen wird ein andines (aus den Anden stammendes) Gloria, ein lebendiges Weihnachtslied, das zum Klatschen anregt und: Adeste fideles. Wir befinden uns in Peru, und zwar am Heiligen Abend. Die Messe ist bereits um halb sechs am frühen Abend angesetzt, so dass es noch hell ist. Durch den Lautsprecher schallt Glockengeläut. 
Wo jedoch bleiben die Menschen? Lediglich ein Dutzend Gläubige befindet sich in der Kapelle. Trotzdem fangen Padre José und ich damit an, Weihnachtslieder mit den Menschen anzustimmen. Und siehe da: langsam aber sicher finden sich immer mehr Gläubige, zumeist Familien mit Kindern, in der spartanisch eingerichteten Kapelle ein. Einen Anzug oder elegante Kleidung tragen sie nicht. Stattdessen ganz normale Alltagskleidung, ein Fußballtrikot. Die Menschen besitzen nicht viele materielle Reichtümer.
Was sie sich an Geld zusammensparen, wird für das ein oder andere Geschenk für die Kinder oder für das traditionelle Weihnachtsessen mit der ganzen Familie verwendet. Nach dem lebendigen Eingangslied "Bethlehem. Glocken von Bethlehem" folgt das von mir mit den Jugendlichen der Konfirmation vorbereitete weihnachtliche "Gloria"(Engel auf den Feldern singen), das ihnen und den weiteren Gläubigen sehr gut zu gefallen scheint. Als liturgisches Kleinod darf ich vor dem Evangelium das Martyrologium singen, welches mit biblischer Zahlensymbolik die lang erwartete Ankunft des Messias zum Ausdruck bringt. Ansonsten ist die Messe schlicht gehalten. Zur Kommunion erklingt "Stille Nacht, Heilige Nacht"; auf Spanisch! 

Nur wenige Menschen empfangen jedoch den Leib Christi, weil viele unverheiratet zusammenleben. Eine schöne peruanische Weihnachtstradition zeigt sich jedoch zum Schluss der Messe. Padre José nimmt das liebevoll niñito Jesús genannte Jesuskind in den Arm und stellt sich vor den Altar. Nacheinander treten die Menschen vor und küssen die Füße des Christkindes bevor dieses in die mit Dutzenden Tieren bestückte Krippe gelegt wird. Diese ist übrigens wahrscheinlich durch den spanischen Einfluss sehr häufig anzutreffen und hat sich ihren Weg nicht nur in Wohnungen oder die Kirche sondern auch in Einkaufszentren oder Polizeireviere gebahnt. Alles also sehr ruhig und idyllisch. Alles? Hmm. Woher aber kommt der Knall? Dies hängt mit der anderen Seite von Weihnachten in Peru zusammen. 

Der Blick aus dem Haus von Kathie auf Lima
Neben Adventskränzen und Krippen kaufen die Peruaner nämlich auch Böller und Feuerwerk für das Fest, die um Mitternacht, dem großen und wichtigen Moment, abgefeuert werden. Auch der (vor) weihnachtliche Konsum hat vor Südamerika nicht halt gemacht: Weihnachtsmärkte und Glühwein haben es zwar noch nicht nach Peru geschafft, dafür aber Heiße Schokolade, der Weihnachtsmann alias Papa Noel oder Santa Claus, sowie natürlich die Geschenke. Insbesondere der Austausch von Geschenken im Rahmen von "Wichteln" oder "Julklapp" ist sehr in Mode. Auch das Weihnachtsessen ist genauso wie in Deutschland von immenser Bedeutung. Reis und Kartoffel (Arroz y Papa) sind als Beilage so gut wie für jedes Essen unabkömmlich. Traditionell wird für den Heiligen Abend bzw. besser gesagt die Heilige Nacht Pute, Ferkel, Schwein oder Ente vorbereitet, welches durch Wein begleitet wird. Nach dem Essen folgt -wie auch bei uns in Deutschland- die Bescherung, jedoch etwa um ein Uhr nachts wohlgemerkt! Beim sogenannten intercambio de regalos werden nicht nur die

Kinder sondern auch die Erwachsenen beschenkt, die vorher ein Los mit dem jeweiligen Namen gezogen haben. Während die Kinder ihre Geschenke bspw. in Form von einer Wasserpistole oder einem Spielzeugauto ausprobieren; geht es zeitgleich in den geselligen Teil des Abends -oder besser gesagt der "Nacht"- über. Der Alkohol geht leichter über die Lippen, es werden Spiele gespielt, es wird gelacht und getanzt, sprich Weihnachten wird sehr heiter und fröhlich begangen. Und das die ganze Nacht hindurch. Bis 5 oder 6 Uhr morgens; oder halt auch länger. Dementsprechend ist der 25. Dezember ein sehr ruhiger und im wahrsten Sinne des Wortes verschlafener Tag. Die Leute ruhen sich entweder von der vielleicht nicht ganz so "Heiligen Nacht" aus oder gehen zum Teil auch wieder zur Arbeit. Der 26. Dezember wiederum ist ein ganz normaler Arbeitstag.
Ich spule nochmal ein bißchen in der Zeit zurück und schildere, was ich so in der warmen und fröhlichen vorweihnachtlichen Adventszeit in Peru erlebt habe.

"NEIN! Ich bin nicht der Weihnachtsmann." Diesen Satz musste ich ziemlich häufig sagen, als ich mich aus Anlass des Nikolaustags wenn auch mehr schlecht als recht als Nikolaus verkleidet habe. In Ermangelung eines vollständigen Kostüms, habe ich mit einem Bisschofsstab und einem mickrigen Bart aus Baumwolle Vorlieb nehmen dürfen. Zuerst dachten die Kinder eben alle, ich sei der Weihnachtsmann  ("Papa Noel" hier in Peru). Dies konnte ich als radikaler Verfechter des Nikolauses und des christlichen Weihnachtsfestes natürlich nicht so stehen lassen 😉😉. Daher habe ich den Kindern die Geschichte des Heiligen Nikolaus sowie der Traditionen zum NIkolaustag in Deutschland erzählt und zum besseren visuellen Verständnis ein Malblatt mitgebracht. So Gott will werden sie sich nächstes Jahr erinnern und vielleicht ja sogar ihre Schuhe oder Stiefel vor die Tür stellen.

Interpol. Die internationale Polizeibehörde, die international gesuchte Verbrecher jagt. Und mich. Nun ja, das ist nun zugegebenermaßen leicht übertrieben, aber ich musste Interpol in Lima trotzdem einen Besuch abstatten. Besonders aufregend war dieser jedoch nicht. Es ging lediglich darum, dass die Interpol-Heinis mir eine Bescheinigung ausstellen, dass ich NICHT von Interpol gesucht werde. Wofür? Um meine Aufenthaltsgenehmigung über den 19. Februar hinaus zu verlängern und einen sogenannten "Carné de Extranjería" (Ausländerausweis) zu erlangen.
Diese eher langweilige Prozedur konnte ich jedoch danach mit einem sehr schönen Ereignis verknüpfen. Nach mehr als zwei Jahren konnte ich endlich die Schule Madre Admirable besuchen, in welcher ich im Oktober 2014 mit einer Gruppe aus der SBS, meiner ehemaligen Schule in Hamburg, für vier Wochen ein Sozialpraktikum absolviert und dabei auch meine jetzige Freundin Kathie kennengelernt haben.

Inzwischen befinden wir uns nun also in der Ferienzeit, die bis Anfang März dauert.
Was ich in dieser Zeit mache?
Reisen, die Seele baumeln lassen?
Nix da! Ich bin hier ja schließlich als Missionar und nicht als Touri.
Ich darf daher das erste Mal in der Geschichte der noch jungen Schule Santo Tomás de Valencia sogenannte vacaciones útiles vorbereiten, was man mit "nützliche Ferien" übersetzen könnte.
Das heißt konkret: Es wird ein Ferienprogramm für Kinder der 1. und 2. Klasse geben, die im Schulunterricht Probleme insbesondere mit dem Lesen hatten.
Neben Leseunterricht werde ich jedoch auch Spiele, Dynamiken und Singen anbieten.
So Gott will, werden die Kinder -und ich auch- Spaß haben und dabei auch noch lernen.


Ansonsten nutze ich die freie Zeit, um mich intensiv in der Küche zu betätigen. Was ich zuhause in Hamburg im "Hotel Mama" versäumt habe, hole ich jetzt hier nach: Kochen lernen.
Als jemand, der gerne viel und gut isst und sich außerdem in dem Land befindet, welches mehrmals in Folge als das köstlichste der ganzen Welt prämiert wurde, stellt es sich mir gewissermaßen als Verpflichtung dar, diese Kunst zu erlernen. Natürlich fange ich erst einmal mit sehr simplen Sachen an: Verschiedene Suppenkreationen, darunter der berühmte Caldo de Gallina (anderthalb Stunden gekochtes Huhn mit Kartoffeln, Nudeln und Orégano.), selbstgemachte Tomatensauce, Apfelkompott oder das Nationalgetränk Perus: Chicha Morado (violett-farbener Mais wird mit Ananasschalen und Zimt gekocht). Zu meinem 19. Geburtstag habe ich dies auch gleich versucht unter Beweis zu stellen. Aber davon beim nächsten Mal mehr...


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