Donnerstag, 23. Februar 2017

Das peruanische Verkehrschaos

Vollgas. Für 10 bis 20 m. Dann wieder wird wieder stark abgebremst, gehupt!. Wenn man Glück hat, findet der Fahrer eine Lücke, durch welches das Auto oder der Bus haargenau durchpasst. Da fehlt vielleicht 1 cm. Danach wieder Vollgas. Hupe. Abbremsen. ... usw.
So geht es eigentlich meistens zu im peruanischen Verkehr, bzw. besser gesagt im Verkehr der Hauptstadt Lima.

Ich würde daher in diesem Blogbeitrag gerne einmal über den Verkehr in Peru berichten, wenn auch aus der Perspektive eines Beifahrers oder Passagiers. Ich habe zwar einen sogenannten internationalen Führerschein,  jedoch kam dieser im ganzen halben Jahr, in dem ich mich in Peru befinde, noch kein einziges Mal zum Einsatz. Wenn ihr diesen Beitrag lest, wisst ihr dann auch warum.


Das Verkehrssystem in Lima

Nun ja, das Wort "System" verdient Lima nun wirklich ganz und gar nicht, da hier im Verkehr rein gar nichts systematisch, sondern alles vielmehr ziemlich willkürlich und chaotisch abläuft. Verkehrsregeln existieren zwar, werden aber de facto von keinem so wirklich eingehalten. Genauso wenig kann man von "öffentlichen" Verkehrsmitteln sprechen. Eine Metro oder U-Bahn gibt es nicht; lediglich einen S-Bahn ähnlichen tren eléctrico, der aber nur im Osten der Stadt verkehrt. DAS öffentliche Verkehrsmittel schlechthin neben dem PKW ist daher hier in Peru der zumeist micro genannte Bus, in allen Varianten und Größen.
Dieser wird von zahlreichen unterschiedlichen privaten Busunternehmen betrieben. Außen stehen die Namen einiger wichtiger Straßen oder Stadtviertel, wo der Bus langfährt. Zumeist muss man jedoch die Peruaner explizit fragen, ober der Bus auch dahin fährt, wo man hin möchte. Im Bus selbst befinden sich zumeist zwei Angestellte. Ein cobrador genannter Schaffner und natürlich der Busfahrer. In wenigen Fällen ist der Busfahrer auch gleichzeitig der Schaffner. Zudem stehen am Straßenrand hin und wieder Männer mit einem Schreibblock in der Hand. In diesem notieren sie, wie oft der jeweilige Bus an ihnen vorbeifährt. Wenn man aussteigen will, muss man laut "Baja" ("steigt aus") rufen. Bushaltestellen existieren durchaus und werden sogar größtenteils respektiert. Um den Bus aber wirklich zum Halten zu Bringen, muss man schon durch deutliche Handzeichen auf sich aufmerksam machen.
 Anders hingegen ist der Metropolitano. Das ist eigentlich auch nichts anderes als ein Gelenkbus, jedoch mit dem entscheidenden Unterschied, dass dieser separate Bustrassen und moderne Haltestellen hat. Dieser hält an jeder vorgegebenen Haltestelle, fährt vom Norden Limas bis in den Süden und ist das mit Abstand schnellste Verkehrsmittel, um sich in Lima fortzubewegen. Leider gibt es bisher aber auch nur diese eine vom normalen Verkehr abgeschirmte Nord-Süde-Trasse. Die weiteren Trassen befinden "auf der Straße".


Eine weitere schnelle Möglichkeit ist das Taxi. Das Taxi ist in Lima im Vergleich zu Deutschland sehr günstig und auch sehr häufig anzutreffen. Deshalb wird es von den Peruanern für Kurz- und Mittelstrecke durch fast alle Bevölkerungsschichten hindurch gerne in Anspruch genommen. Einziger Nachteil: Das normale Taxi ist nicht unbedingt sicher. Immer wieder wird von Entführungen und Raubüberfällen berichtet. "Leichte Opfer" sind wohl (und leider) vor allem Frauen und gringos (so nennen die Peruaner weiße Ausländer).
Aus diesem Grund haben sich in den letzten Jahren verschiedene private Taxiunternehmen wie Uber, Taxi Seguro etc. etabliert, die eine sichere Fahrt versprechen und bei denen man inzwischen sein Taxi auch ganz unkompliziert per App bestellen kann.
Ich habe dies für abendliche und nächtliche Fahrten bisher schon öfter in Anspruch genommen und bin bisher immer gut und wohlbehalten zuhause angekommen.

Dem Taxi ähnlich ist das sogenannte Mototaxi, oder auch einfach Moto genannt. Dieses ist eigentlich nur ein Mofa, jedoch mit ausgebautem Gestell zum Sitzen sowie drei Reifen. Gebraucht wird dieses nur für kuerzere Strecken, da dieses zwar günstiger als ein normales Taxi, dafuer aber auch deutlich langsamer ist.

Des weiteren gibt es noch einen sogenannten colectivo. Das ist ein Auto, oder auch ein Kleinbus, der von einem Ort (z.B. Santa Rosa del Mar) zu einem anderen festgelegten Ort faehrt. Dieser ist guenstiger als ein Taxi und teurer als der normale Bus, kommt dafuer aber zumeist auch schneller voran.

Allgemein sind die Entfernungen in der Stadt Lima gewaltig und der Verkehr "schrecklich." Ich beispielsweise wohne zurzeit etwa 40 km vom Stadtzentrum Limas entfernt, brauch aber anderthalb bis zwei Stunden, um dorthinzukommen und muss zweimal umsteigen.  

Das Verkehrssystem Perus

Außerhalb der Hauptstadt Lima ist die Situation nicht ganz so chaotisch. Dennoch sind auch die Entfernungen in Peru, welches flächenmäßig drei bis viermal größer als Deutschland ist, enorm. Während man von der Hauptstadt Lima in die Touristenmetropole Cusco in den Anden im Flugzeug lediglich eine Stunde braucht, benötigt der Bus ganze 20 Stunden. Warum? Die Berge, schlecht ausgebaute Straßen, schlechte Infrastruktur etc.
Wie in Lima, so ist auch in ganz Peru der Bus das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel. Es gibt zahlreiche Busanbieter, die einen relativ günstig von A nach B bringen. Und diese Busse sind wirklich sehr komfortabel und gut ausgestattet. Es gibt wie im Flugzeug verschiedene Kategorien, sozusagen Economy, Business und First Class.
Die Sitze sind sehr weich und man kann sie bis zu 140 Grad zurückzuklappen. 


Eine "Stewardess" bringt einem Snacks und Getränke und außerdem kann man einen Film schauen.
Und für eine neunstündige Fahrt im Bus zahlt umgerechnet gerade einmal 20 €. Einfach unschlagbar!
In dieser Hinsicht ist uns Peru also wirklich ganz eindeutig überlegen. Hoffentlich wird Deutschland auch bald solch günstige und praktische Angebote haben!




Zugverbindungen gibt es genausowenig wie in Lima nicht. Eigentlich! Es fährt ein Zug von Lima nach Huancayo, welcher jedoch nur Güter transportiert.

Genau zwei Personenzugverbindungen existieren zudem innerhalb Perus:
Von Cusco nach Machu Picchu und von Cusco nach Puno. Die Strecke ist wunderschön, dafür aber für peruanische Ottonormalverbraucher unbezahlbar: Knapp 120 US-Dollar zahlt man im günstigsten Tarif von Cusco nach Machu Picchu und zurück. Eine Verbindung ausschließlich für Touristen halt.

Ansonsten kann man natürlich auch ganz individuell im Pkw Peru erkunden. Dafür sollte man aber ein mutiger und erfahrener Fahrer sein und sich zudem vorher über die Straßenverhältnisse erkundigen. Es kommt nämlich nicht selten vor, dass sogenannte Huaicos, durch starke Regenfälle verursachte Schlammlawinen, oder andere Naturphänomene die Straßen zerstören. Hinzu kommt, dass teils leider Wegelagerer Busse und Pkws überfallen und ausrauben. Also Vorsicht!

Letztlich freue ich mich in Bezug auf Verkehr ehrlich gesagt, wieder das geordnete deutsche System zu erleben und selbst hinter dem Steuer zu sitzen.